Deutschland ist das europäische Land mit den meisten rechtsextremen Gewalttaten
Foto: Matthieu Joannon
Am 20.07.2020 war in der „Zeit“ zu lesen, dass es in keinem europäischen Land so viele rechtsextreme Gewalttaten gibt, wie in Deutschland. Allein seit 1990 hat es 121 Tötungsdelikte rechtsextremer Täter gegeben, von Ausbrüchen, ohne dass es dabei Tote gegeben hat, abgesehen.
Norwegen steht an zweiter Stelle mit 80 Toten, wobei allein durch den Anschlag auf Utøya 77 Todesopfer zu beklagen waren. Es folgen England mit 36 und Spanien mit 22 Toten.
Während die Politik nach rechtsextremen Organisationen suchen, sind es in Nordeuropa, also auch in Deutschland, etwa zur Hälfte Einzeltäter, im Süden Europas (Italien und Spanien) sind es überwiegend Gruppen oder kriminelle Organisationen. Die Gewalt richtet sich oft gegen Menschen besonderen Glaubens oder anderer Ethnien. Wer anders ist, ist Gegner, wer Gegner ist, wird bekämpft.
Quelle solcher Strukturen sind bekannt. „Ich bin richtig, wer nicht ist, wie ich, ist nicht richtig, also muss die Welt von ihm befreit werden“. Es ist die Einteilung in Übermensch hier und Untermensch dort einerseits und die Verknüpfung mit dem Wert des Lebens derer, die als minderwertig empfunden werden. Es zeigt, die dünn die Decke ist, die nach 1945 sich über diese Urinstinkte gelegt hat.
Wichtig in dem Zusammenhang ist auch, dass Die Pandemie mit SARS-CoV-2 („Corona“) den Rassismus verstärkt. Sven Taylor, Professor für klinische Psychologie an der University of British Columbia hat, wie er am 22.07.2020 in einem Spiegel-Interview berichtet, in Kanada und den USA Daten von 7.000 Menschen gesammelt und aus den Ergebnissen auf ein Phänomen geschlossen, das er „Covid-Stress-Syndrom“ nennt. Es ist die Angst vor Ansteckung, vor Berührungen, auch vor Berührungen kontaminierter Oberflächen, wie Türgriffe, Angst vor Verlust des wirtschaftlichen Status, aber eben auch Angst, dass Menschen aus fremden Ländern das Virus verbreiten. Er benennt es als Rassismus. Seine Untersuchungen anderer Epidemien, z.B. der Pest im Mittelalter zeigen, dass es oft in der Verfolgung von Ausländern mündete.
Daher gibt die derzeitige Pandemie der Ausländerfeindlichkeit große Nahrung. Die Kindersachbuchautorin Susan Schädlich reist viel durch die Lande für Lesungen vor kindlichem Publikum. Äußerungen von Kindern, wie „Wir wollen keine Ausländer hier, die machen unser schönes Deutschland kaputt“ hört sie und auch: dass die Nationalsozialisten doch auch Gutes geleistet hätten, etwa Arbeitsplätze geschaffen. (Zitiert aus der „Zeit“ vom 02.01.2020).
Der Ruck nach Rechts ist schon in den Kinderköpfen angekommen. Die Verunsicherung von Kindern durch Schulausfall, Schließung von Kindergärten und Spielplätzen du dass sie nicht mit ihren Freunden spielen dürfen, bewirkt bei Ihnen sicher auch ein Covid-Stress-Syndrom. Auch bei ihnen ist eine Fremdenfeindlichkeit zu spüren. Die nebenstehende Kurve der Covid-19-Fälle weltweit lässt uns nicht vermuten, dass das Covid-Stress-Syndrom in absehbarer Zeit nachlassen wird, auch in Deutschland steigt die Zahl der Infektionen, nur nicht mehr in einzelnen Hotspots, sondern in der Fläche.
In einem Gespräch mit Lehrern wurde sehr deutlich, dass sie Angst vor Ansteckung haben, also dass sie die Kinder, mit denen sie zu tun haben, als Gefahr für ihr eigenes Leben ansehen…. Wie mag dann die Wirkung auf die Kinder sein, wenn diese Lehrer vor ihre Klasse treten werden? Sie werden spüren, dass die Erwachsenen Angst vor ihnen haben. Was das für die Beziehung bedeutet, kann man sich leicht vorstellen. Denn „ein Beispiel zu geben ist nicht die wichtigste Art, wie man andere beeinflusst. Es ist die Einzige“ sagte Albert Schweitzer. Und Lehrer sind nun mal Vorbilder. Angst als Vorbild wird das Covid-Stress-Syndrom nicht mildern.
Wenn Sven Taylor recht hat, wird Susan Schädlich immer öfter von den Kindern rassistische oder rechtsradikale Äußerungen hören. Die von Fachleuten erwartete Vervierfachung von Scheidungen und die Zunahme der häuslichen Gewalt sind da nicht sonderlich hilfreich.